Bildgestaltung mit Stein

Bei unseren Events und Workshops geht es neben dem Kennenlernen der eigenen Kamera auch um wichtige Tipps und Regeln zu Bildgestaltung und Motivsuche.
Ein wichtiger Punkt dabei ist das eigene Hinterfragen nachdem ein Motiv entdeckt und das erste Bild davon im Kasten ist. Ist das Motiv schon richtig eingefangen? Sagt das Bild genau das aus, was gesehen wurde? Ist das gewünschte Motiv auf dem Foto genau so präsent wie du es mit dem Auge empfunden hast?
Bei einem der letzten Einzelcoachings sind meine beiden Teilnehmer und ich durch die Stadt gezogen und haben unser Auge mit immer neuen Aufgaben geschärft. Ein Beispiel ist diese Bildreihe mit dem Stein. Von der einfachen und langweiligen Dokumentation hin zur Inszenierung ist nicht viel nötig. Wenn ich mir vor Ort die Zeit nehme, mein erstes Ergebnis prüfe und noch weitere Sachen ausprobiere.

Ausgangssituation:

Ein hübscher Stein am Wegesrand weckt meine Aufmerksamkeit. Auf den ersten Blick gefallen mir die Form und die farblichen Akzente auf der Oberfläche. Der kleine Fels hat eine schöne Struktur. Das will ich festhalten, nehme die Kamera hoch und mache ein Bild.
Gut: Der Stein ist im Fokus, die anderen Steine sind unschärfer, dadurch gelingt es, den Blich auf mein Motiv besser zu lenken. Das Motiv ist nicht in der Mitte positioniert, sondern im linken Drittel des Bildes, das erzeugt Spannung. Die dynamische Diagonale gibt eine schöne Zweiteilung des Bildes.
Schlecht: Langweilige Perspektive, aus Augenhöhe fotografiert. Struktur und Farbigkeit des Steins sind für den Betrachter nicht wirklich das Hauptmotiv. Ziel verfehlt. Der zweite Stein lenkt durch seine Helligkeit ab von unserem eigentlichen Hauptmotiv.

Bild 02:

Schon besser, die Struktur kommt zum Vorschein, unser Motiv wird prominenter, durch die unterschiedliche Größe der Steine im Bild wird er zusätzlich gewichtiger. Die anderen Steine sind unschärfer als bei der ersten Aufnahme. Die Diagonale ist noch erhalten, die Perspektive schon wesentlich besser gewählt. Dem Betrachter wird deutlich, was das Motiv in diesem Bild sein soll.
Noch etwas näher dran ist dieser Versuch. Struktur und Farben kommen gut zum Vorschein, wir sind auf Augenhöhe mit dem Motiv, dadurch wird er immer größer. Zusätzlich haben wir den Stein in seine Umgebung eingebaut, zeigen also den Kontext, in dem der Stein zu finden ist. Damit rückt das Foto mehr in Richtung Reportage, das Bild fängt an, eine Geschichte zu erzählen.
Der Bezug zum Umfeld gefiel uns schon ganz gut, aber wir wollten noch mehr aus der Situation heraus holen. Entstanden ist dieses finale Motiv, der Stein dominant und stark im Vordergrund, Bäume, Wiese, und der Fernsehturm ordnen ihn an einen bestimmten Standort ein. Ein Ortskundiger kann nun erkennen, wo der Stein zu finden ist. Die Struktur, Farbigkeit und Form wird schön herausgearbeitet. Dabei war die Position und Abstand der Kamera zum Stein eine Frage von Zentimetern um das Bild so einzufangen. Der Stein versteckt 3 Abluftrohre von der drunter liegenden Tiefgarage, die das Bild extrem störten.

Fazit:

In der Retusche würde ich bei diesem Bild noch die helle Stelle unter dem Baum links wegmachen und die Lücke zwischen dem Baum und dem Stein schließen.
Du möchtest solche und andere Gestaltungstipps bekommen, deine Bilder besser machen und deine Kamera besser kennen lernen? Dann trag dich in unseren Newsletter ein, wir schreiben regelmäßig Tipps, Ideen und Ankündigungen zu Events, bei denen solche Aufgaben bearbeitet werden.

Streetfotografie und nichts als Streetfotografie, im Streetmagazin aus Köln

Ein paar interessante Artikel zur Streetfotografie und tolle Bilder findet Ihr in der zweiten Ausgabe vom Streetmagazin aus Köln.
Nur von einem Aufruf würde ich vehement abraten.
In seinem Leitartikel zur Illegalität der Streetfotografie fordert Marc Barkowski auf, seine Streetportraits mit dem Hashtag ‪#‎straßenfotografieistkeinverbrechen‬ auf Facebook zu posten.
Dazu sollte man aber wissen, dass man mit einem Posting auf Facebook der Plattform einräumt, die Bilder kommerziell zu nutzen, und das kann dann richtig Ärger geben, wenn sich einer der Protagonisten wiederfindet, ohne sein Einverständnis gegeben zu haben.
Außerdem: man glaubt nicht, was für schöne Geschichten und Treffen zustande kommen, wenn man sich kurz die Zeit nimmt und den fotografierten anspricht, sein Bild zeigt, einen schönen Tag wünscht, oder oder. Das sollte uns das Foto dann zum einen dann schon wert sein, zum anderen ist es eine Bereicherung für uns. Schließlich sind wir Herdentiere.

Ansonsten tolle Ausgabe, ein Blick hinein lohnt sich auf jeden Fall:

http://streetmagazin.com/02-illegal/

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Available Light Fotografie im Karneval (Geisterzug in Köln)

Im Karneval hat man die wunderbare Möglichkeit Menschen nach einem Foto zu fragen bzw. ihnen so nah zu kommen, ohne dass sie so reagieren, wie es wahrscheinlich im normalen Alltag geschehen würde. Das Gesicht ist hinter einer Maske versteckt, dazu die Feierlaune und das Kölsch – die Meisten sagen da nicht nein zu einem schönen Foto.

Ich habe dieses Jahr den Jeisterzoch (Geisterzug) besucht, der abends ab 19.00 Uhr stattfindet. Um dort stimmungsvolle Bilder zu schießen, habe ich auf Blitzlicht verzichtet und das ‚Available Light‘ genutzt.

Folgendes solltet Ihr beachten, wenn Ihr dort ebenfalls fotografieren möchtet.

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Das Wichtigste zuerst!

Schaut die Menschen mit einem Lächeln an und gebt mit einem Wink der Kamera zu verstehen, das Ihr sie fotografieren wollt. Die Leute schauen Euch dann meistens direkt an und lächeln zurück oder machen witzige Grimassen. Viele bleiben sogar stehen, halten still und geben Euch auch im Dunkeln die Zeit zu fokussieren. Das waren bei mir dann wohl verkleidete Profifotografen/innen. 🙂

Nicht im Automatik-Modus fotografieren!

Die Kameraautomatik wird all das machen, was Ihr bei Available Light Fotografie nicht machen wollt, z.B. den Blitz ausklappen. Hier ist zumindest das Fotografieren im P-Modus (Programmautomatik) oder der Zeitvorwahl sinnvoll.

Available Light, d.h. auch künstliches Umgebungslicht nutzen!

Stellt Euch so an den Straßenrand, dass ihr möglichst hinter Euch oder von schräg oben hinten vorhandene Beleuchtung nutzen könnt. Ich habe vor einem halbwegs gut beleuchteten Schaufenster gestanden, sodass zumindest etwas Licht auf die Gesichter fiel, wenn mich die Leute angeschaut haben. Auch die Straßenlaternen konnte ich nutzen: ich habe mich nicht direkt unter eine Laterne gestellt, da das Licht sonst Schatten in der Augenhöhlenpartie der Karnevalisten geworfen hätte –  also habe ich mich einfach ein Stück davor aufgestellt.

geisterzug-5376-2Eine möglichst lichtstarkes Objektiv benutzen!

Ich habe eine 50mm Festbrennweite genutzt, da diese viel(!) lichtstärker ist als ein Standard-Zoom. Die Offenblende stellt die Gesichter zudem sehr schön vom Hintergrund frei.

50mm Brennweite (im Vollformat) ist zudem ideal, um einerseits Closeup-Portraits zu schießen und andererseits auch Szenerien mit vielen Menschen noch bildfüllend abzulichten.

Schießt Eure Fotos im RAW-Format!

Ein nachträglicher Weißabgleich ist so möglich, wenn Eure Fotos z.B. abwechselnd gelbes Licht einer älteren Laterne oder kühleres Leuchtstoffröhrenlicht eines Schaufensters abbekommen.

Eine ausreichend kurze Verschlusszeit wählen!

Bei sich langsam bewegenden Personen kommt man mit 1/125 Sekunden gerade hin. Bei Personen, die stehen bleiben und still halten kann man auch noch mit 1/50 Sekunden brauchbare Ergebnisse erzielen. Achtung: der Bildstabilisator des Objektivs (bzw. der Kamera bei Sony) hilft nur bei Verwacklungsunschärfe, niemals bei Bewegungsunschärfe des Objekts.

Kennt die größtmögliche bzw. größte nutzbare ISO-Zahl Eurer Kamera!

Größtmögliche: die maximal einstellbare ISO-Zahl Eures Kameramodells. Größte nutzbare: ab wann wird das Bildrauschen tatsächlich so groß, dass Eure Fotos einfach nicht mehr schön anzuschauen sind.

Aller klar? Oder vieles unklar? Dann schaut hier nach einem für Euch geeigneten Photolodge-Kurs!

Beste Grüße
Jörg

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Entdecke Deine Stadt – Neuehrenfeld

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Wir sind soweit. Das Jahr 2015 ist gut gestartet, der neue Raum ist fertig, die ersten Workshops sind erfolgreich gelaufen und die Gutscheine von Weihnachten werden zahlreich eingelöst.

Eine gute Möglichkeit dafür ist unser Entdecke Deine Stadt Event im März diesen Jahres. Dieses Mal zieht es uns an den Ort unserer neuen Location – nach Neuehrenfeld.

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Dieses Mal als Rallye

Kölns Stadtviertel Neuehrenfeld aus einer neuen Perspektive. Wir wollen mit einer Rallye das Viertel durch spannende Aufgaben sowohl als Rätsel als auch fotografische Übungen entdecken. Eine interessante Alternative zur üblichen Stadtführung.

In kleinen Gruppen errätselt ihr den Weg zu Fuß durch Köln. In Teamarbeit werden die Aufgaben gemeinsam gelöst und an verschiedenen Stationen Fotos gemacht mit unterschiedlichen Aufgabenstellungen. Dabei steht Euch immer wieder ein Fototrainer der Photolodge zur Seite um Tipps und Tricks zur Fotografie beim Städtetrip zu zeigen. 

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Worauf kommt es an? Wie erfasse ich eine Geschichte mit meinen Bildern? Wie zeige ich ein echtes Bild von einem Stadtteil nur durch Fotos. Und wie strukturiere ich mich, um die passenden Bilder für so ein Ergebnis zu bekommen.

Unsere Stadtführerin Roswitha Staubitz von Köln – Rallye im Veedel wird euch mit reichlichen Informationen über Köln-Neuehrenfeld versorgen und steht für Fragen ebenfalls unterwegs zur Verfügung.

Nach einer Einführung ins Thema Veedel und Informationen zu Einstellungen und Kamarafunktionen zieht ihr los zur Lösung der spannenden Aufgaben.

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Das Event beschäftigt sich u.a. mit diesen fotografischen Fragestellungen:

  • Das Auge, was suche ich, wie gehe dich dabei mit System vor?
  • Wie gehe ich bei den unterschiedlichen Aufgaben mit den Einstellungen meiner Kamera um? Was verwende ich wann und warum?
  • Wie erstelle ich aus einem langweiligen Motiv ein spannendes Foto?
  • Was macht eine Reportage aus? Welche Bilder brauche ich dafür?

Location: Neuehrenfeld Start + Ziel: Liebigstrasse 145

Zeitrahmen: ca. 4 Stunden (Pause in einem Lokal auf der Strecke ist eingeplant)
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Für wen: Für alle, die ihr Viertel mal von einer anderen Seite kennenlernen möchten (Familie, Freunde, Kollegen ….) oder für diejenigen, die ein neues Stadtviertel kennenlernen möchten (auch für Düsseldorfer ;-))

Fototechnische oder Stadthistorische Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Einsteiger und Fortgeschrittene sind herzlich willkommen. Jede Art von Kamera kann teilnehmen.

Was bringe ich mit?

  • Eure eigene Fotokamera inklusive geladenem Akku (ggf. Ersatz) und leere Speicherkarte
  • Dem Wetter angepasste Kleidung
  • Bequemes Schuhwerk
  • Gute Laune

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Was bekomme ich?

Einen Fotospaziergang mal anders. Ihr lernt nette Menschen kennen und ein Stück Lebensfreude Deiner Stadt, was ihr vorher vielleicht nicht gesehen habt. Dieses Event ist für alle interessant, die gerne neue Gegenden entdecken, oder altbekannte Gegenden neu entdecken wollen.

Neugierig geworden? Hier ist ein Eindruck von unserem letzten Event in Humboldt-Gremberg, welches die WDR Lokalzeit begleitet hat.

Teilnehmer Detlef hat das so kommentiert:

Es war ein toller Nachmittag und hat echt Spaß gemacht.
Ich kann es nur weiterempfehlen. Nicht nur die Erfahrungen bezüglich Reportagefotgrafie waren neu, auch der Umgang mit Menschen, welche man spontan trifft, ins Gespräch kommt und dann ein paar schöne Fotos entstehen, einfach beeindruckend.
Hat was, so sein Veedel zu erleben und anders zu entdecken.

Wir freuen uns auf das nächste Veedel Neuehrenfeld und viele tolle Bilder und Eindrücke.

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Am 8. März ist es soweit, wir ziehen wieder los. Anmelden kannst Du dich hier:

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Entdecke Deine Stadt: Humboldt/Gremberg. Die Reportage.

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Der TV Bericht zum Event wird am Mittwoch, den 3. September 2014 um 19:30 Uhr im WDR, Lokalzeit Köln ausgestrahlt. Lasst die Einschaltquote in die Höhe gehen! In der Mediathek vom WDR ist der Beitrag noch weitere 7 Tage zu sehen.

„Was macht Ihr hier?“, fragt der Wirt im Café Amin freundlich mit französischem Akzent. Aufs Foto will er nicht, sein Laden besser auch nicht – „soll ein Geheimtipp bleiben“ sagt er und zwinkert mir zu. Er bringt uns die ersten Milchkaffees, empfiehlt für die nächste Runde aber den frischen Pfefferminztee, eine marokkanische Spezialität aus seiner Heimat.

Wir fallen auf im Veedel, als wir mit acht FotografInnen zusammensitzen um uns für die Reportage Humboldt/Gremberg vorab zu besprechen. Und das liegt nicht nur am Fernsehteam vom WDR, sondern auch daran, dass man sich im Viertel kennt. Die Menschen grüßen einander auf der Straße, bleiben stehen und sprechen kurz, fragen nach der Familie, sind interessiert und aufmerksam. Wenn jemand nicht hier wohnt oder arbeitet, also fremd ist in der Taunusstraße, fällt das sofort auf. Dafür wären die Kameras um den Hals noch nicht einmal nötig gewesen.

Wie eine Gruppe bunter Hunde

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Das können auch Yvonne und Detlef nicht verheimlichen. Sie fallen in unserer Gruppe sofort als „Einheimische“ auf, werden auf der Straße angesprochen: „Und, wie geht es?“ fragt Brigitte Stemmer, die Wirtin vom Lamäng, die gerade auf eine Zigarette vor die Tür gekommen ist. Yvonne und Detlef haben noch nicht fertig erklärt, warum wir eine Fototour durch ihr Viertel machen, da legt Brigitte bereits los: „Es gibt keinen Grund, hier nicht vorbeizukommen. Man muss einfach das Miteinander erleben und merken, dass es funktionieren kann. Die verschiedenen Nationalitäten, die hier zusammenkommen, das ist das Schönste, was es gibt.“ Einmal hat sie eine Fußballwette mit einem Gast verloren und musste sich als Punkerin verkleidet vor ihre Hausbank setzen und Geld schnorren. Sie war dabei so erfolgreich, dass sie von dem erbettelten Geld eine Obdachlosenspeisung in ihrer Kneipe veranstaltet hat, sogar der Express berichtete darüber.

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Ein paar Schritte weiter werden Yvonne und Detlef vom nächsten Nachbarn aufgehalten. Tuncay Kozan steht in der Tür seines Internetcafés und strahlt, als er die beiden sieht. Sie müssen sofort reinkommen auf einen Espresso. Tuncay lebt und arbeitet seit 5 Jahren in Humboldt/Gremberg und schätzt vor allem den Zusammenhalt zwischen den Ladenbesitzern: „Man achtet aufeinander. Es ist kein Touristenort, die Deutschen sind meist sehr juristisch, hier ist der Anteil an Ausländern sehr groß und die sind untereinander nicht so juristisch. Wenn ein Polizist in einen deutschen Laden kommt, dann fragt der Deutsche, wo ist ihr Dienstausweis. Wenn ein Polizist hier in einen ausländischen Laden kommt, dann biete ich ihm einen Kaffee an. Es ist einfach lockerer und das kann man erleben.“

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Auch Teilnehmerin Angela, die aus Düsseldorf angereist ist um mal ein anderes Stück Köln zu entdecken, fällt auf, wie selbstverständlich hier Integration funktioniert und die Menschen voneinander profitieren. Ein deutsches Rentnerpaar sitzt im marokkanischen Café und trinkt Pfefferminztee?!? Das hat sie vorher so noch nicht gesehen, „normalerweise bleibt doch jeder eher für sich, hier ist das anders. Dafür muss man allerdings zweimal hinschauen, denn es ist so selbstverständlich, dass es eigentlich nicht auffällt. So wünscht man sich das.“ Die ältere Dame neben Ihr, die seit Jahren im Viertel wohnt und ihren Kaffee mit Freunden im Amin trinkt, ist dann auch zu einem Foto zu überreden.

Erst mal ran tasten

Die erste Runde, die wir nach der Vorbesprechung durchs Viertel drehen, ist bereits voller solcher Eindrücke. Auch die TeilnehmerInnen, die nicht von hier kommen und sich noch vorsichtig in der fremden Umgebung bewegen, finden schnell Kontakt zu den Menschen und Ladenbesitzern vor Ort. Obwohl wir uns erst mal mit der Umgebung vertraut machen und die Straßen entdecken wollen, kommen wir an den Leuten hier nicht vorbei. Sehr offen und aufgeschlossen präsentiert sich das Viertel, das schöne Wetter an dem Mittwoch nachmittag unterstützt diese Wirkung, denn die Menschen sitzen und stehen auf der Straße, im Gespräch, bei der Arbeit oder einfach bei einer kurzen Teepause.

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Dennoch soll der erste Blick den Straßenzügen und markanten Kennzeichen des Viertels gelten. Ein fotografisches Herantasten an die Besonderheiten, Stellen und Ecken, die es sonst nicht gibt. Dafür muss das Auge schon feinfühlig sein in Humboldt/Gremberg, denn auf den ersten Blick gibt es hier nichts, was diesen Stadtteil von vielen anderen in Köln oder auch anderen Städten groß unterscheidet. Die Eisenbahnbrücke, die die Taunusstraße in der Mitte teilt bietet einen ersten Blickfang. Zusammen mit dem seit 2 Monaten leer stehenden Gemüseladen, dessen Verkaufsständer noch vor der Tür stehen als würden sie auf Ware warten zeigt sich hier ein erstes markantes Motiv, was so woanders nicht existiert. Weiter fallen die vielen nordafrikanischen Läden auf, arabische Schriftzeichen und ein Warensortiment, dass es so auch nicht überall gibt.

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Nach einer ersten Zwischenbesprechung steigert sich die Menge und Qualität der entdeckten Motive ungemein. Eine kurze Bildkritik öffnet den Blick für weitere Details und andere Perspektiven, ebenso wie der Schulterblick bei den anderen FotografInnen. So kommen wir denn spätestens alle 30 Minuten zusammen und klemmen uns hinter die Kameradisplays, zeigen rum, kritisieren, loben, erfreuen uns an den Ergebnissen und ziehen mit neuen Ideen wieder los, um noch bessere Bilder zu machen.

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In der dritten Runde stehen dann nach Umgebung und Details die Menschen im Fokus unserer Motivsuche. Wir sind mittlerweile im Viertel angekommen, die Menschen hier wissen, was wir machen und freuen sich über unser Interesse an „ihrem“ Stadtteil. Jetzt bekommen wir die Geschichten erzählt, die wir zu finden hofften. Wie die von Sabri, der nach 10 Jahren in Bayern wieder froh ist, zu Hause zu sein: „Ich bin hier aufgewachsen und habe die Freunde vermisst. In Bayern sind die Menschen echt spießig, nicht so freundlich wie hier“, sagt er, während er in die Sonne blickt und leicht den Kopf schüttelt. Ganz so, als würde er sich fragen, wieso er es dann so lange in Bayern ausgehalten hat.

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Warum nicht?

So ähnlich sieht es Mustafa, der seit 2 Jahren in einem Lebensmittelgeschäft arbeitet. Er lebt bereits 14 Jahre hier und schätzt die Vielfalt der Geschäfte auf der Straße. Integration und Argwohn vor anderen Nationalitäten sind hier gar kein Thema. Susanne_1373 Susanne-Metzger

Wo wir hinkommen, schauen die Menschen erstaunt, wenn wir fragen, ob das zusammenleben mit so vielen Nationalitäten denn funktioniert. Fast erstaunt über diese Frage sind sich fast alle einig: „Es gibt keinen Grund, warum nicht!“ Susanne kann gar nicht anders, sie wird förmlich ins Geschäft hineingezogen und von Mustafa eingeladen, sich alles in Ruhe anzuschauen und erklären zu lassen.

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Beim Friseur wird sich gleich in Pose geworfen als Jörg den Laden betritt, so schnell kann Inhaber Chakib das Fotografieren gar nicht erlauben. Die Stimmung ist ausgelassen beim Haare schneiden und alle, die mit ihrem Haarschnitt bereits fertig sind, lassen sich gerne ablichten.

Dass es nicht nur Sonnenseiten in einem so bunten Viertel gibt, ist auch klar. Und so hören wir auch Stimmen von Menschen, die nicht nur vollmundig positiv vom Stadtteil und dem Leben dort erzählen. Finanzkrise und die Tatsache, dass die Schere zwischen arm und reich sich immer weiter öffnet, bekommen gerade in einem Viertel mit sozial schwacher Struktur viele Menschen besonders hart zu spüren. So hören wir, dass Gehälter und Jobs weniger werden, die Mieten aber steigen und dadurch auch die Probleme im Miteinander größer werden.  Einen sozialen Brennpunkt oder eine NoGo-Area ist Humboldt/Gremberg aber auf keinen Fall. Eher verkannt und unterschätzt und so genießen wir die Stunden auf der Taunusstraße, so lange noch alles so ist, wie es ist und hoffen, dass es auch noch lange so bleibt.

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Die Herren, die beim Schneider in der Nähstube sitzen und sich unterhalten sind sich auch sicher, dass es auf der Taunusstraße noch viele Jahre so ruhig und entspannt bleibt, wie bisher. Wenn man den Laden betritt, hat man das Gefühl in einer anderen Zeit zu sein, so bedächtig und ruhig wird hier gearbeitet, Tee getrunken und philosophiert.

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Die Eindrücke der TeilnehmerInnen sind ebenfalls sehr positiv. Zum Teil sind sie skeptisch in den Tag gegangen, was bei dem Versuch schon rauskommen kann in einem Stadtteil, von dem nicht bekannt ist, dass er irgendetwas zu bieten hat. Dann aber haben sie sich mitreißen lassen von der Offenheit und festgestellt, dass es hilft, das eigene Auge zu schulen und die Wachsamkeit für Motive und Geschichten erhöht. Besonders dann, wenn es eingangs eben nicht so aussieht, als würde es Motive ohne Ende gegen.

So gingen die 3 Stunden bis zur Abschlußbesprechung im Lamäng schnell rum, 567 Bilder haben die insgesamt 8 TeilnehmerInnen gemacht und schöne Geschichten und Erinnerungen mitgenommen. „Ein Ansporn, das gleiche mal im eigenen Viertel zu machen und die Umgebung dadurch mit anderen Augen zu sehen“, resümiert Susanne nach unserem Fotoevent. Tolle Idee.

Dafür nehme ich mir die Zeit

„Komm‘ in ein paar Tagen wieder, setz‘ Dich hin und trinke einen Pfefferminztee bei mir. Bei einem Pfefferminztee bleibt in Marokko die Uhr stehen, da brauchen wir Ruhe für und nehmen uns Zeit. Das ist eine wunderbare Sache“, sagt mir der Wirt vom Kaffee Amin noch als wir aufbrechen. Auf diesen Tee freue ich mich schon.

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Herzlichen Dank allen TeilnehmerInnen für die tollen Fotos und Geschichten, die Ihr bei unserem Event gesammelt habt. Mit dabei waren: Angela Wüsthof, Susanne Terhoeven (beide aus Düsseldorf), Heinz Kirberg, Yvonne Clement und Detlef Ludwig (unsere Locals aus der Feldbergstraße), Manuela Küsters, Oliver Brückner und mein Fotobuddy Jörg Grzenia. Alle Fotos auf dieser Seite wurden von den TeilnehmerInnen des Foto-Events „Entdecke Deine Stadt“ gemacht.

Der TV Bericht zum Event wird am Mittwoch, den 3. September 2014 um 19:30 Uhr im WDR, Lokalzeit Köln ausgestrahlt. Lasst die Einschaltquote in die Höhe gehen!  In der Mediathek vom WDR ist der Beitrag noch weitere 7 Tage zu sehen.

 

 

 

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Du möchtest auch mal ein „Entdecke Deine Stadt“-Fotoevent in Deinem Viertel erleben? Dann schreibe uns unten in die Kommentare, welches Viertel wir als nächstes besuchen sollen und was wir auf keinen Fall verpassen dürfen.

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