Thema finden. Oder: wie gebe ich meiner Fotografie eine Struktur

Vor dem letzten Wochenende habe ich auf Facebook diese Frage in die Runde gestellt:

Wir haben ein freies Wochenende ohne Workshops oder Shootings. Trotzdem wollen wir die Kamera in die Hand nehmen und losziehen. Habt Ihr Anregungen? Was sollen wir fotografieren, was muss man mal probiert haben oder was wolltest Du immer schon mal fotografisch umsetzen?

Warum stelle ich eine solche Frage? Ist meine Kreativität am Ende? Habe ich keine Ideen mehr? Oder bin ich zu faul? – Nein, weder das eine noch das andere ist der Falle. Viel mehr hatte ich Lust, mich an diesem Wochenende – an dem zwar Zeit war, aber dann doch nicht so viel Zeit, um ein großes Shooting oder spezielles Thema umzusetzen – treiben zu lassen und mit ein paar Ideen von außen sozusagen fremdbestimmt loszuziehen.

So schweben mir (bzw. uns, also dem Team) derzeit viele Fotothemen im Kopf rum, das sind aber meist Geschichten, die geplant und vorbereitet werden wollen. Ich wollte an diesem Wochenende mal was zur Auflockerung haben, ein Thema, was ich mitnehmen kann nach draußen und was ich beim fröhlichen Drauf-Los-Fotografieren in der Freizeit im Hinterkopf dabei habe.

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Und damit sind wir bei einem wichtigen Punkt, bzw. Tipp auf den ich mit diesem Beitrag hinaus möchte: ein Wort, eine Idee, ein Satz, eine Sache, die ich bei meiner Jagd nach Bildern im Hinterkopf habe und die meinen Bildern so etwas wie Struktur und den Charakter einer Serie hat. Denn deine Fotografie bekommt einen anderen Ausdruck, wenn Du mit einem solchen Thema unterwegs bist. Die Antworten unter dem Post reichten von Details im Stadtteil, Portraits von Photolodge-Freunden, bis hin zu den Ford Werken bei Nacht und dem Thema, das mich dann spontan angesprochen hat:

Fangt den Frühling ein:-)

Hm, schöne Idee, zumal am Samstag die Sonne schien, es ein wirklich schöner Tag war und eigentlich ein Familienausflug an den Rhein geplant war. Und dort lässt sich der Frühling ja nun wirklich sehr gut einfangen an so einem Tag. Aber es sollte anders kommen. Mit meinem Thema im Gepäck ging es erst mal zu einem kleinen Shoppingausflug in die Innenstadt, denn meine beiden Töchter (9 und 12) brauchten „ein paar Basics“. Ok, wer Köln kennt, weiß: ein Ausflug in die Stadt am Samstag ist nicht in 1,5 Stunden erledigt.

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Also musste ich mein Fotothema an Orten umsetzen, die so gar nicht nach dem aussahen, was nach Frühling riecht: KVB, H&M, Mc Donalds und die Hohe Straße. Orte, an denen nicht zwingend die Assoziation Frühling in den Kopf schießt. Eher Themen wie: Kaufrausch, Konsum, Viel hilft viel, und und und.

Und gerade diese Kombinationen können das Fotografieren spannend machen. Kombinationen, die nicht zusammen passen, ein Anreiz von außen, ein Thema, dass Dich beschäftigt im Alltag fotografisch umsetzen. Durch solche Prozesse entstehen spannende Bilder, Geschichten mit rotem Faden und damit Material, dass so noch nicht gesehen wurde. Ok, ich will jetzt nicht behaupten, die Bilder, die ich heute fotografiert habe, hat die Welt noch nicht gesehen, das sicher nicht. Aber wenn ich die Geschichte dahinter kenne, sehe ich die Intention des Fotografen und erkenne vielleicht, mit welchem Auge und Schwerpunkt er durch die Stadt gezogen ist auf der Suche nach Motiven. Auch ein Grund, warum ich mir Ausstellungen im Museum gerne im Rahmen einer Führung anschaue. Denn auch, wenn ich nicht viel behalte, ergibt die Kombination von Kunstwerk/Bild und der Geschichte im Hintergrund eine ganz andere Betrachtungsweise auf das Bild und auch auf den Künstler.

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Ob das in diesem Fall gelungen ist, muss nun jede/r BetrachterIn selber beurteilen mit Blick auf die entstandenen Bilder und dem Wissen ihres Hintergrunds. Mit dem Begriff „Frühling“ im Kopf bin ich auf meine Töchter wartend durch die Läden und Straßen gestreift und habe nach Motiven gesucht und diese Bilder gefunden.

Ich freue mich, von Euch noch viel mehr solcher Beispiele zu sehen. Beispiele, die noch viel mehr in die Tiefe gehen, als dieser kurze Facebook Aufruf und ein Tag in der Stadt zum Fotografieren. Schreibt den Link zu Euren Serien und inhaltlichen Ansätzen gerne unten in die Kommentare oder einfach einen Satz dazu, wie Ihr einmal mit einem Thema im Kopf losgezogen seid und was das mit Eurer Fotografie und Ergebnissen gemacht hat.

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Oder ist das alles viel zu abstrakt? Dann freue ich mich auch dann über eine Rückmeldung und wir können uns gemeinsam dem „Storytelling“ annähern, also dem thematisch geplanten Fotografieren.

Viele gute Bilder und Serien wünscht
Stephen

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ps: Da war doch noch der Kommentar mit dem Porträt vom Photolodge Freund. Kein Problem, denn den hatte ich bereits im Archiv. Welcome Nicolas, wir sollten uns vielleicht mal gegenseitig fotografieren. Dieses hier ist vom Mai 2013, aufgenommen von Workshop-Teilnehmer Andreas. Großes Kino:

Urban Portrait