200 mm sind zu wenig. Oder: Minderwertigkeitskomplexe im Kölner Zoo

Zoo Köln

An dem einen schönen Samstag über Ostern zog es die Familie in den Zoo. Prima, dachte ich, nutze ich einfach die Gelegenheit und fange ein paar ordentliche Tierbilder für den Blog und die Workshops ein. Denn die Fotografie im Zoo oder Tierpark hat – wie alle anderen Arten der Fotografie auch – ihre eigenen Tücken aufzuweisen.

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So ist es zum Beispiel schwierig, die Tiere so zu erwischen, dass die Szenerie nicht gleich nach Zoo aussieht. Das Ziel soll sein, Bilder zu haben, die auch in freier Wildbahn entstanden sein könnten, denn andernfalls würden sich die eigenen Bilder nicht von den Handknipsern vor, hinter, über und unter mir unterscheiden. Aus diesem Satz schlussfolgert Ihr richtig: es war voll im Zoo, sehr voll. Schließlich war Ostern und zudem der einzig richtig schöne Tag an diesem Wochenende, der Ausflug drängte sich also nicht nur uns auf, sondern auch einer Millionen anderen Leuten (gefühlt).

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Neben Bollerwagen, Groß- und Kleinfamilien tummelte sich auch der ein oder andere Fotoworkshop an den Gehegen – wer wen kennt, der sowas anbietet, postet bitte den Link unten in die Kommentare; es gibt sicherlich interessierte, die gerne mal im Zoo fotografieren möchten, aber noch nicht den richtigen Zugang dazu gefunden haben. Und natürlich waren auch viele Hobbyfotografen mit Einbeinstativen und riesigen Tüten (Objektiven) auf ihren Kameras unterwegs.

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Da kommen wir zum Punkt. Bei 200 mm Brennweite hört es in meinem Objektivsortiment auf, eine Cropkamera, die mir die Brennweite auf ca. 300 mm verlängern würde, habe ich zur Zeit auch nicht im Sortiment. Also versuchte ich es mit meinem 70-200 mm und kam mir beim Anblick der ganzen Riesenobjektive der KollegInnen im Zoo ganz klein und mickrig vor. Die Blicke verraten dann auch, dass die anderen dich bemitleiden, soviel Gewicht mit sich herumzuschleppen und trotzdem nicht richtig ausgerüstet zu sein für die immensen Entfernungen, die es bei der Tierfotografie im Zoo zu überbrücken gilt.

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Aber das wollte ich nicht auf mir sitzen lassen und habe überlegt, wie ich das Beste aus der Lage machen und ob ich den Mangel an Fotoausrüstung eventuell zu meinem Vorteil nutzen kann. Das ist immer wieder eine gute Sache, sich mit dem Equipment zu beschränken, um neue Sichtweisen und Herausforderungen zu bekommen. Meine Idee war: ich bin ein guter Portraitfotograf (sagen meine Kunden), also betrachte ich die Aufgabe im Zoo aus der Perspektive eines Portraitfotografen und nicht aus der Sicht des Tierfotografen. So habe ich mich auf die Suche nach ausdrucksstarken Charakterköpfen gemacht und versucht, authentische und natürlich wirkende Portraits von ihnen zu bekommen. Und obwohl die Protagonisten meinen Anweisungen nicht folgen wollten – normalerweise interagiere und spreche ich sehr viel mit meinen Modellen – ist mir doch der ein oder Treffer gelungen, denke ich.

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Ob das stimmt, überlasse ich gerne Eurem Urteil und freue mich über Hinweise, wie man das mit der Tierfotografie noch besser hinbekommen kann. Technisch war ich an dem Tag mit der Halbautomatik Blendenvorwahl unterwegs, da sich manche Kollegen relativ viel bewegt haben und die Lichtverhältnisse dadurch nicht konstant waren. Wie man sowas richtig einsetzt und dennoch die Kontrolle über die Belichtung behält, verraten wir zum Beispiel im Einstellungen Meistern Workshop.

Wie man von Menschen solche Portraits erstellen kann, zeigen wir in unseren Porträt-Workshops. Infos zu den Terminen gibt es hier:

TERMINE2Link

 

 

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4 Antworten auf „200 mm sind zu wenig. Oder: Minderwertigkeitskomplexe im Kölner Zoo“

  1. Ich arbeite bei Tieren am liebsten mit der Zeitautomatik, also Blende vorwählen. Je nach dem was die Kamera hergibt, den ISO etwas höher einstellen und dann passen die Zeiten fast immer. Dann braucht es auch kein Stativ.

  2. Ich fotografiere auch sehr viel im Zoo. Dabei setze habe ich auch nur 200mm als maximale Brennweite. An meiner Alpha 6000 komme ich dank dem Crop somit auf 300mm aber an meiner Alpha 7ii eben nur auf die 200mm. Wegen der Lichtstärke setze ich eben oft die Vollformat ein. Und? Es reicht vollkommen. Mittlerweile begegne ich den schockierten Blicken der Brennweitenfanatiker mit einem Blick zurück, der Mitleid ausdrückt.

    Manchmal verstehe ich es auch nicht. An Gehegen, wo ich die Tiere locker mit 200mm auf den Sensor komme, stehen die mit 400mm Festbrennweiten (!) mit Extender (!). Was fotografieren die da? Die Augenbrauen der Tiere?

    Es gibt natürlich Situationen, wo ich mit meinen Objektiven an die Grenzen stosse. Dann kommt die Königsdisziplin der Zoofotografie zum tragen. Geduld haben. Irgendwann kommt das Tier schon näher – und wenn nicht, Pech gehabt. Vielleicht klappt es beim nächsten Besuch.

    LG Thomas

    1. Sehr schön auf den Punkt gebracht, lieber Thomas. Vielen dank für Deinen Kommentar. Und Du sprichst mir aus der Seele, wenn Du zur Königsdisziplin kommst. Genau so ist es. Das Bild macht nicht die Kamera oder das Equipment, sondern der Mensch dahinter, und dessen Kreativität ist das Wichtigste dabei. Ich wünsche Dir weiterhin viele gute Bilder.
      LG Stephen

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